ina hattebier hamburg

Projekt giesser Abbildung

Gießer
Videoprojektion, 1999/2000

60 Min., DV, Farbe, Ton
Video/Ton: Ina Hattebier

Auszug aus einem Katalogtext von Jens Asthoff
[…] Kurze, dumpfe Töne, wie von Schlägen auf ein leeres Gefäß, leiten den Betrachter zu einer weiteren, diesmal projizierten Videoarbeit: Sechs große, grüne Kunststoffkannen, süddeutsch „Gießer”, verharren in aufgehängter Bewegung. An ihren Griffen der Reihe nach in Haken eines Metallrahmens geklinkt, baumeln sie halsabwärts gleichmäßig und dicht an dicht in Wartestellung. Schwarze, trompetenförmige Gießaufsätze bilden eine untere, der Punkt ihrer Aufhängung an den Griffen die obere Linie des gefügten Blocks. Die Szene spielt im Freien, vor einer fensterlosen Wand mit braungrauem, teils bröckelndem Verputz. Rahmen und Kannen stehen im 90°-Winkel zur Wand, der feste Kamerastandpunkt kommt dazu schräg von vorn aus leichter Untersicht. Die parallel gehängten Kannen präsentieren sich auf diese Weise breitseitig wie aufgefächert; sie wirken wie eine Revuenummer, bei der sie ihren eigentlichen Daseinszweck, das Gießen, in kurioser Synchronität als Trockenübung wiederholen. Mit jedem Lufthauch kommt Bewegung in die Gruppe, die in Übereinstimmung kreisend mal nach rechts oder links ausschlägt, gelegentlich auch vehement die Gießhälse reckt. Der dumpfe Klang scheint direkt ihren Bäuchen zu entstammen. Drei Tonhöhen desselben Lauts pendeln sich in teils überlagernder, teils auseinander driftender Bewegung ein; eine offene Interferenz, nur fast eine Melodie, nie wirklich ein Akkord – im Effekt so ähnlich, wie man es bei Kirchenglocken kennt. Klang und Bild stehen so in beinah locker fließender Bewegung, umso zehrender wird mit fortschreitender Dauer deren Entwicklungslosigkeit. Ein Gefühl von Linearität breitet sich aus – und fällt in sich zusammen. Das scheinbar immer Gleiche verschafft dem fortlaufenden Bild unterschwellige Verweildauer, verknüpft es mit einem gegen den Ablauf gewandten Zeitgefühl. Plötzlich betrachtet und hört man nicht mehr ein bestimmtes Geschehen, sondern beginnt, es als Zuständlichkeit aufzufassen. Wie ein sich ausbreitend stehendes „Jetzt”, das einen Rhythmus, eine Form annehmen will und sich dabei ständig selber überholt. Der Sog der Wiederholung birgt auch die Erfahrung der Differenz: Kleine Abweichungen vom Gleichen werden zum eigentlichen Ereignis. So, wie sie sich in aller Ruhe ins Leere zu verlaufen scheinen, haben diese Bilder auch den Unterton der leisen, permanenten Ruhelosigkeit. […]

Diese Arbeit war von 2000–2003 in folgenden Ausstellungen zu sehen:
„zeitweilig“, Ausstellungsraum Karl-Liebknecht-Str. 26, Leipzig
„What’s in the Box?”, KX, Kunst auf Kampnagel, Hamburg
„Haus + Garten”, Kunstraum Düsseldorf
„Feine Ware (eins bis drei)”, Kunstverein Harburger Bahnhof, Hamburg-Harburg
„Nimm 2” Kunstverein Springhornhof, Neuenkirchen